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ATELIERBESUCH 11
Mit Ausdauer und viel Liebe zum Detail:
Michael Bögle nimmt sich Zeit, um den
Charakter seiner Figuren herauszuarbeiten.
Skizzenblock und Bildschirm gehören
gleichermaßen zu seinen täglichen
Werkzeugen.
Im vierten Stock eines Freiburger Altbaus hof mit meinem Enkel beobachtet – aber Die grüne Fellfarbe kam dazu und in Zu-
haben Hugo und Hilde das Licht der Welt sie waren dort eher klein“, erzählt er sammenarbeit mit dem Auftraggeber
erblickt. In seinem lichtdurchfluteten Ate- schmunzelnd. Und auch in der Literatur wurden Details angepasst, bis die Illust-
lier im Dachgeschoss fertigte Michael war der Hirsch schwer zu finden. „Ge- rationen fertig waren.
Bögle Anfang 2022 im Auftrag von Stie- zeichnete Elche und Rehe gibt es öfter –
geler die ersten Skizzen von Hase und aber selten Hirsche. Ich kenne auch kein Echte Charaktertypen
Hirsch an. Der Künstler kann sich noch Kinderbuch mit einem Hirsch“, sagt Bög- Die Bindung zu seinem Werk wird Bögle
gut an die Anfänge erinnern. Enthusias- le, der selbst an der Entstehung zahlrei- nie verlieren, das merkt man ihm an.
tisch und strahlend blättert er durch sei- cher Bücher für Kinder beteiligt war. „Man kann es schon mit den eigenen Kin-
nen Block mit den ersten Skizzen, der dern vergleichen, das ist eine schöne Me-
Spaß an seiner Arbeit ist ihm anzumer- Die Frage, welches der beiden Tiere tapher“, findet der Künstler, der in seiner
ken. schwieriger zu zeichnen war, kann er da- 35-jährigen Berufslaufbahn schon zahl-
her klar beantworten: „Hugo“, der zum reiche Charaktere erschaffen hat. Jeder
Am Anfang steht die Recherche damaligen Zeitpunkt noch gar keinen Na- sei einzigartig, einen Hasen wie Hilde und
Bei einem Espresso berichtet Bögle von men hatte. „Beim Zeichnen habe ich ihn einen Hirsch wie Hugo gebe es nicht
seiner Recherche, bevor er zum ersten Hansi genannt – aber der Name Hugo noch einmal. „Ich hoffe, dass sie sich ent-
Mal von Hand die tierischen Markenbot- passt wirklich perfekt“, findet der 60-Jäh- wickeln und eben auch erwachsene Figu-
schafter von Stiegeler zeichnete. „Was rige. Dem Hasen dagegen hatte er schon ren werden“, sagt Bögle, der sich auch
das angeht, bin ich sehr altmodisch und früh den Namen Hilde gegeben. Unter Gedanken über das Wesen seiner Krea-
habe erst mal in Büchern geschaut, wie einer seiner ersten Skizzen steht hand- tionen gemacht hat: „Hilde ist ganz klar
Tiere dort gezeichnet wurden“, sagt der schriftlich: „Das wird die wilde Hilde … die Quirligere – sie ist aufgeweckt und
Liebhaber alter Stiche und Grafiken – bestimmt.“ Monate später wurde seine clever. Hugo ist ein ruhiger und gemütli-
Bögles Regal ist voll damit. Auch ein ab- Vermutung tatsächlich Realität – die Stie- cher Typ. Zusammen ergänzen sich die
soluter Klassiker wurde zurate gezogen: geler-Community gab dem Hasen den beiden perfekt.“ So sind sie das ideale
Albrecht Dürers bekanntes Aquarell „Der Namen Hilde. Duo, um den Menschen in der Region die
Feldhase“ aus dem Jahr 1502. Themen rund um schnelles Internet spie-
Vom Blatt auf den Bildschirm lerisch näherzubringen.
„Im Internet findet man meistens nicht Bis es jedoch so weit war, gab es viel zu
das, was man braucht, wenn man Tiere tun. Den vielen Skizzen auf Papier folgte
zeichnen möchte“, erklärt Bögle seine die Digitalisierung der Entwürfe. Dafür
Vorgehensweise, die ihn auch mehrfach setzte sich Bögle an seinen Schreibtisch
in den nahe gelegenen Freiburger Wald mit Blick auf das Freiburger Münster und Im Video: Schauen Sie
führte. Hasen gab es dort einige zu se- arbeitete an seinem großen Zeichenbild- Michael Bögle beim
hen, einen Hirsch jedoch nicht. „Die habe schirm. Mit digitalem Stift wurde vollen- Zeichnen von Hugo und
ich beim Ausflug zum Tierpark Munden- det, was mit Papier und Bleistift begann. Hilde über die Schulter